Züchtungsziele

Die Forschung & Züchtung Dottenfelderhof führte in Zukunft zunächst ihre biologisch-dynamischen und ökologischen Resistenz und Qualitätszüchtungsprogramme für die Kulturarten Winter- und Sommerweizen, Wintergerste, Winterroggen, Hafer und Körnermais im Umfang wie in den Vorjahren weiter.
Ziel der Programme ist die Entwicklung qualitätsbetonterSorten für die menschliche und bei Wintergerste, Hafer und Körnermais zusätzlich die tierische Ernährung. Bei Winter- und Sommerweizen werden von der FZD Sorten der höchsten Qualitätskategorie in Bezug auf Backqualitätseigenschaften (‚E-Weizen‘) entwickelt. Erweiterte, ganzheitliche Qualitätskriterien nach biologisch-dynamischen und ökologischen Gesichtspunkten werden in allen Selektions- und Züchtungsschritten durch die Züchter*innen der FZD berücksichtigt.
Vor dem Hintergrund des voranschreitenden Klimawandels kommt in den letzten Jahren verstärkt der Anspruch hinzu, eine breite Widerstandsfähigkeit gegen biotische und abiotische Stressfaktoren in den Sorten zu veranlagen. Ein konkreter Ansatzpunkt zur Entwicklung solcher „resilienter“ Sorten und wichtiger Arbeitsschwerpunkt der FZD liegt im Bereich der Resistenzzüchtung. Es werden die umfangreichen Resistenzprüfungen bei Weizensteinbrand (Tilletia caries, T. foetida) sowie Weizen-, Gerste- und Haferflugbrand (Ustilago tritici, U. nuda, U. avenae) fortgeführt. Dazu kommen Prüfungen auf die Anfälligkeit der Zuchtlinien gegen Fusarium bei Winter- und Sommerweizen sowie Streifenkrankheit (Pyrenophora graminae) bei Wintergerste.
Die Grundlage der Züchtungsarbeit bilden die pflanzengenetischen Ressourcen, die von der FZD in Zuchtgärten und Sortimenten erhalten und verbessert werden. Besonders bei der Wintergerste werden  Anstrengungen unternommen, die Resistenzsortimente durch die Sichtung von Genbankakzessionen mit hoher Widerstandsfähigkeit gegen Flugbrand systematisch zu erweitern. Bei Roggen und Körnermais müssen die nachbaufähigen, offen-abblühenden Populationen aus biologisch-dynamischer Züchtung gegen ertragsstarke Hybridsorten konkurrieren. In einem vom Bundesprogramm Ökologischer Landbau (BÖLN) geförderten Forschungsprojekt mit Beteiligung der FZD konnten weitere Fortschritte bei der Bewertung und exakten Quantifizierung der unterschiedlichen Leistungsfähigkeit von Maispopulationen und -hybriden und von Zuchtmethoden für Populationen erzielt werden. Auf Grundlage dieser Ergebnisse werden zukünftig Zuchtprogramme optimiert und neu aufgelegt werden können; aufgrund des erwarteten Einbruchs an insgesamt für die Züchtungsarbeit zur Verfügung stehenden Finanzmitteln muss sich die FZD ab 2021 aber zunächst einmal darauf konzentrieren, das Roggenzüchtungsprogramm zu reorganisieren und zu fokussieren.

Gesichtspunkte zur biologisch-dynamischen Züchtungsforschung

In den Jahren 1922/23 traten Landwirte an Rudolf Steiner, den Begründer des Biologisch-Dynamischen Landbaues, heran und fragten ihn um Rat, da sie eine zunehmende Degeneration des Saatgutes und mancher Kulturpflanzen zu beobachten meinten. Die Frage lautete: „Was ist zu tun, um den Zerfall der Saatgut- und Ernährungs-Qualität aufzuhalten?“ (Köpf u. v.Plato, 2001). Das war der Beginn, sich in diesem Umfeld mit Fragen zur Pflege des Saatgutes, Sortenerhaltung und Neuzüchtungen zu befassen. Weitere Gesichtspunkte für das Aufgreifen der Saatgutfrage kamen hinzu, als Rudolf Steiner 1924 den ’Landwirtschaftlichen Kurs’ hielt.

Der Organismusgedanke in der bio-dynamischen Züchtung

Die Landwirtschaft als Organismus zu betrachten, ist einer der wesentlichen Gesichtspunkte des Biodynamischen Landbaus. Nach Steiner (1924) erfüllt eine Landwirtschaft ihr Wesen - im besten Sinne des Wortes -, wenn sie als “eine wirklich in sich geschlossene Individualität“ aufgefasst wird. Deshalb müsste “eine gesunde Landwirtschaft dasjenige, was sie selber braucht, in sich selber auch hervorbringen können“.

Der Organismusgedanke spiegelt wider, dass alle seine einzelnen Glieder in wechselseitigen Verhältnissen stehen und sich gegenseitig bedingen. Idealerweise sollte demnach das Saatgut - als eines der Glieder dieses landwirtschaftlichen Organismus - im eigenen Betrieb erzeugt werden. Die biodynamischen Züchter achten daher darauf, dass die von ihnen entwickelten Sorten nachbaufähig sind. Daher werden von ihnen auch keine F1-Hybrid-Sorten gezüchtet. Andererseits geschieht die praktische Züchtungsarbeit unter den Bedingun- gen eines nach ‘demeter‘-Richtlinien anerkannten Betriebes.

Nahrung für Leib, Seele und Geist

Der zweite wesentliche Gesichtspunkt für das Aufgreifen der Saatgut- und Züchtungsarbeit bestand in der Qualitätsfrage, insbesondere hinsichtlich der Ernährung. Es ist ein wichtiges Anliegen der biodynamischen Züchter, dass die Nahrungsmittel aus ihren Sorten nicht nur der Ernährung des Leibes, sondern insbesondere auch dem seelischen und geistigen Wohl des Menschen dienen. Daneben sollen sie schmackhaft, bekömmlich und gesund sein. Im Leitbild für biologisch-dynamische Pflanzenzüchtung ist dieses Ziel, Sorten für eine menschengemäße Ernährung zu züchten, verankert (www.demeter.de).